Forschung

Zukunftsorientiert handeln

Diesen Artikel lesen

Big Data, Virtual Reality, künst­liche Intelli­genz, Inter­net der Din­ge, Building Infor­mation Model­ing – wie inno­va­tiv verhalten sich Woh­nungs­un­ter­neh­men, wenn es um diese Tech­no­lo­gi­en geht? Welche Trends und Heraus­forder­ungen gibt es in Europa und wie offen sind die Un­ter­neh­men, sich mit neuen An­ge­bo­ten ge­gen­über Mie­tern zu po­sition­ieren? Genau diesen Fra­gen ist Aareon in ei­ner europaweiten Studie nachgegangen und bekam in­ter­essan­te Ant­wor­ten.

Virtuell eine Wohnung besichtigen oder über eine Mieter-App einen Haushaltsservice buchen – das könnte in Zukunft selbst­ver­ständ­lich werden. Denn: „Die Immo­bilien­bran­che hat er­kannt, dass sie digitaler werden muss. Darüber herrscht bei den Wohnungs­unter­neh­men Einig­keit.“ Das ist eine Er­kennt­nis, die Arash Housh­mand, Managing Director Ampolon Ventures bei Aareon, aus der Vermieter-Befragung zieht. Obwohl Immo­bilien­unter­nehmen grund­sätz­lich als weniger progressiv in Bezug auf Innovationen gelten und sich mehr auf ihr Kerngeschäft fokussierten, belege die Studie ihr großes Interesse an innovativen Produkten und Services. Aareon hatte ihre Kunden aus der Wohnungswirtschaft in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Schweden und den Niederlanden im Herbst 2018 zu ihrem Innovationsverhalten befragt.

Zeichenfläche 1

Diffusionsforschung

Die befragten Wohnungs­unter­nehmen sollten sich im Rahmen der Studie hinsichtlich ihres Inte­resses und ihrer Akzep­tanz für digitale Techno­logien im Immo­bilien­sektor anhand der sogenannten Diffusions­kurve selbst ein­ord­nen. Die Kur­ve zeigt: Die Befrag­ten ver­teil­en sich annähernd normal (Gaußsche Normal­verteil­ung) auf die ver­schiedenen Gruppen. Diese sind: Inno­vatoren, Früh­zeitige An­wen­der, Frühe Mehr­heit, Späte Mehr­heit, Nach­zügler. Hinweis: Rund drei Prozent der Befragten haben keine Selbsteinschätzung abgegeben und sind daher nicht in der Kurve erfasst.

„Interessant ist, dass die Hauptmotivation der Wohnungsunter­nehmen Services über Portale und Apps anzubieten, darin liegt, die Kunden-, sprich die Mieterzufriedenheit zu verbessern. Sie wollen sich dadurch als besonders innovativ positionieren und von der Konkurrenz abheben. Dies ist ein neuer Trend, denn bisher lag die Motivation vor allem in der Kostendreduzierung und der Prozesseffizienz“, sagt Dr. Imad Abdallah, Head of Group Strategy bei Aareon.

Welche Technologien wozu?
Building Information Modeling stößt bei den Wohnungs­unter­nehmen auf den größten Zuspruch. Rund die Hälfte der Befragten will es in den nächsten fünf Jahren nutzen, vorwiegend zur Kostenschätzung und -kontrolle. In Sachen Big Data Analytics können sich rund 30 Prozent vorstellen, diese Techno­logie einzusetzen, beispiels­weise um Mietrück­stände zu ermitteln oder ein Mieter-Matching durchzuführen. Vernetzte Sensoren sind aus Vermieter-Sicht für die vorausschauende Wartung, das Smart Metering und die Gebäude­sicherheit interessant. Die künstliche Intelli­genz könnte vor allem bei der Bearbeitung von Reparatur­anfragen helfen oder dabei, andere Dienstleistungen für Mieter bereitzustellen.

Herausforderungen
der Immobilienwirtschaft

Die Befragten sehen in den nächsten zehn Jahren folgende Herausforderungen für die Immobilienwirtschaft als am größten: demografische, finanzbezogene, regulatorische, energiebezogene, technologische und umweltbezogene.

Mehr Mieter-Service
Dienstleistungen für Kleinreparaturen bietet bereits ein Viertel der Befragten an. Viele planen in Zukunft mehr Services für Mieter zur Verfügung zu stellen – auch digital über Apps und Portale. „Im Vordergrund stehen hier Kleinreparaturen, die Sicherheit im Haus­bereich, Grundversorgungsleistungen und Services für spezielle Zielgruppen – wie zum Beispiel eine ambulante Pflege, Essensliefer- und Haushaltsservices für Senioren. Diese stellen auch ein großes Potenzial für Aareon dar“, betont Houshmand.

  Mehr zur Mieter-Studie von Aareon finden Sie im Artikel „Appgeholt“ aus dem Geschäftsbericht von 2017.

Viele Innovationen in der Pipeline
Prinzipiell forscht und entwickelt Aareon in vielen Bereichen, schließlich ist das ein zentraler Bestandteil der Unternehmens­strategie. Virtuelle persönliche Assistenz­technologien, bei denen die künstliche Intelligenz mit Chatbots kombiniert wird, sind inzwischen quasi einsatz­bereit und könnten für den Kunden in die digitalen Lösungen von Aareon integriert werden. „Die Prozesse werden dann nicht nur über Amazons Alexa, sondern auch mit Google Home funktionieren. Ebenso werden unsere Kunden für die Interaktion mit dem Mieter auch Bots über bekannte Messaging-Dienste wie WhatsApp, Skype oder den Facebook Messenger nutzen können“, erklärt Dr. Abdallah. Im Bereich Gebäude­sicherheit/-instandhaltung forscht Aareon aktuell am Einsatz von Drohnen. Zukünftig werden die Forschungs­schwerpunkte auf Big Data, dem Internet der Dinge und der Weiterentwicklung des Building Information Modeling liegen, da hier ein hoher Kundennutzen zu erwarten ist.

   Wie und mit welchen PropTechs, den Start-ups der Immobilienbranche, Aareon zusammenarbeitet, lesen Sie im Artikel „Innovation!“.

Wer zahlt’s?
Stellt sich noch die Frage der Kosten. Keine Einigkeit herrscht bei den Befragten in Bezug auf die Einschätzung der Zahlungsbereitschaft von Mietern für das Buchen von Zusatzdienstleistungen über digitale Anwendungen. Nach Meinung von Houshmand ist das nicht verwunderlich, da es noch nicht viele Anwendungen gibt, anhand derer dies exemplarisch getestet worden ist. „Die Relevanz zahlungspflichtiger Services scheint bei Mietern mit dem verfügbaren Einkommen des Haushalts zu korrelieren. Natürlich hängt die Höhe der Zahlungsbereitschaft auch stark von der Ausgestaltung des konkreten Angebots und dessen Mehrwert für den Mieter ab.“

Blick in die Zukunft
Neben der Kostenfrage bleibt auch die Frage nach den Herausforderungen der Branche in Zukunft spannend. Die Wohnungsunternehmen sehen diese vor allem in den Bereichen Demografie, Finanzen und Energie, wobei sich länderspezifische Unterschiede zeigen. Aus deutscher Sicht wurde die demografische Entwicklung als am wichtigsten eingestuft. Französische Wohnungsunternehmen sehen finanzielle und energiebezogene Herausforderungen als drängender an. Die niederländischen Befragten stufen Umweltherausforderungen als am größten ein.

Was in Zukunft sicherlich bleiben wird, ist das große Forschungs- und Entwicklungsengagement von Aareon, das mit kräftigen Investitionen in neuen Trends und Technologien einhergeht. Vorausschauend agieren ist und bleibt dabei die Devise. Zur Innovationskultur von Aareon gehört es auch, möglichst früh ausgewählte Pilotkunden mit ins Boot zu holen, um ihren Blick aus der Praxis aufzugreifen. Länderspezifische Gegebenheiten und Einflussfaktoren können so besser berücksichtigt werden. Für eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit ist es für Aareon eine Selbstverständlichkeit, Forschungsergebnisse mit Kunden zu teilen. So profitieren beide Seiten.

Dr. Imad Abdallah ist Mit­glied des Inter­natio­nal Board. Er ver­ant­wor­tet als Head of Strategy unter anderem Produkt­stra­te­gie, Inter­national Busi­ness Develop­ment, stra­te­gische Initiativ­en und Akquisi­tio­nen der Aareon Gruppe.
Foto: Angelika Stehle, Wiesbaden
Seit 2018 leitet Arash Houshmand den Bereich Ampolon Ventures. Der Venture-Capital-Bereich der Aareon Gruppe ver­folgt das Ziel, Ventures zu grün­den und mit ambitio­nier­ten Gründern zusammen­zu­ar­bei­ten, um un­ab­hängige Unter­neh­men mit neuen Pro­duk­ten und Services auf­zu­bau­en und die Arbeits- und Lebens­beding­ungen für Millionen von Men­schen in Europa und darüber hinaus zu verbessern. Ampolon Ventures kooper­iert mit und inves­tiert in Start-ups und hilft bei der Ska­lier­ung neuer Geschäfts­modelle.
Foto: Aareon AG, Mainz

Nachgefragt


bei Marcus Wilkin,
Projektleiter bei forsa

Herr Wilkin, Sie haben seitens der forsa die Befragung unter­stützt und ge­leit­et. Was war dabei besonders wichtig?
Der Fragebogen ist das zen­trale Instru­ment für die Daten­erhebung im Markt­forschungs­pro­zess. Dieser soll so ge­stal­tet sein, dass er auf den spe­zifisch­en Unter­suchungs­gegen­stand abge­stimmt ist und von jedem Befrag­ten ohne Weiteres verstan­den werden kann. Gerade in einem hoch­spe­zial­isier­ten Markt­um­feld, wie das von Aareon, ist es des­halb wich­tig, Fach­begrif­fe so einzusetzen, dass sie von unter­schied­lich­en Ansprech­part­nern nicht unter­schied­lich verstan­den werden können.

Wodurch gelingt das?
Zum einen wurde der Frage­bo­gen in eng­lisch­er Sprache entwickelt, damit eine ein­heit­liche Basis für das inter­natio­nale Projektteam und die involvierten Ländermärkte geschaffen wurde. Zum anderen wurde darauf geachtet, dass die Befragten im inter­nationa­len Kontext hin­sicht­lich der unter­such­ten Frage­stellung­en ein glei­ches Ver­ständ­nis bei deren Beantwort­ung ent­wickeln. Zu diesem Zweck wurde der Frage­bogen von Fach­exper­ten im Land in die jeweilige Sprache übersetzt sowie entsprechende Frage­themen und Begriff­lich­kei­ten mit zu­sätz­lichen Er­klä­rungs­tex­ten er­läu­tert und mit Bei­spiel­en ge­stützt.


Über forsa

forsa ist eines der wenigen in Deutschland noch nicht konzern­gebundenen, sondern unabhängigen privaten Markt- und Meinungsforschungsinstitute mit Standorten in Berlin, Frankfurt am Main, Dortmund und Hamburg. Als Full-Service-Institut liefert forsa für Unternehmen, politische und staatliche Institutionen, Medien und Wissenschaft präzise Fakten – überwiegend für den deutschen, aber auch für den europäischen und internationalen Markt.

Darum wollen Wohnungsunternehmen ihren Mietern Dienstleistungen über eine App oder ein Portal anbieten:

„Das entspricht dem Zeitgeist und ist erforderlich, wenn man ein attraktiver Vermieter sein will.“

Wohnungsunternehmen aus Schweden

„Um einen besseren Service anbieten zu können. Vielleicht ist das der Service, der von uns in Zukunft erwartet wird. Vielleicht können wir hier auch in Zukunft etwas Geld verdienen.“

Wohnungsunternehmen aus Schweden

„Wir suchen nach Wegen, wie wir uns an die zukünftigen Bedürfnisse unserer Kunden anpassen können und dies sind Bereiche, von denen wir uns eine größere Effektivität für unsere Kunden erhoffen.“

Wohnungsunternehmen aus Großbritannien


Darum wollen Wohnungsunternehmen ihren Mietern Zusatzdienstleistungen über eine App oder ein Portal kostenpflichtig anbieten:

„Da die Leistungen selbst und der Betrieb einer App oder eines Portals auch Geld kosten.“

Wohnungsunternehmen aus Frankreich

„Wenn die Dienstleistungen einen hohen Zusatznutzen für den Mieter bedeuten, kann ich mir Situationen vorstellen, in denen dafür gezahlt wird.“

Wohnungsunternehmen aus den Niederlanden


Darum wollen Wohnungsunternehmen ihren Mietern Zusatzdienstleistungen über eine App oder ein Portal nicht kostenpflichtig anbieten:

„Wir finden Bezahlbarkeit von Wohnungen sehr wichtig. Mit Dienstleistungen, die diesen Preis erhöhen, sind wir zurückhaltend.“

Wohnungsunternehmen aus den Niederlanden

„Unsere Mieter haben nicht besonders viel Geld. Bevor wir ihnen solche Dinge anbieten, müssen wir zuerst einmal ihre Grundbedürfnisse erfüllen.“

Wohnungsunternehmen aus Frankreich